KI-Agenten für KMU: Zwischen Hype und Datenschutzrealität

Letztes Update:
22
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12
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2025
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Am Anfang war der Chatbot – heute gibt es autonome KI-Agenten, die Automatisierung und Erleichterung im Arbeitsalltag versprechen. Erfahren Sie, was KI-Agenten von anderen KI-Tools unterscheidet und was Verantwortliche in KMU vor dem Einsatz der intelligenten Helfer bedenken sollten, um den Datenschutz zu gewährleisten und regulatorische Anforderungen zu erfüllen.
KI-Agenten für KMU: Zwischen Hype und Datenschutzrealität
Die wichtigsten Erkenntnisse
  • KI-Agenten können mehrstufige Aufgaben erledigen und damit Abläufe beschleunigen und Prozesse skalieren.
  • Für ihre Arbeit müssen KI-Agenten auf Daten aus verschiedenen Systemen im Unternehmen zugreifen.
  • Der Einsatz autonomer Agenten kann den Datenschutz und die Informationssicherheit gefährden, etwa wenn in Prompts verarbeitete Kundendaten in falsche Hände geraten.
  • Verantwortliche sollten sicherstellen, dass Zugriffsrechte für KI-Agenten klar geregelt sind und ihre Mitarbeiter KI-Kompetenz erlangen, um Gefahren gemeinsam zu reduzieren.
  • Die Verantwortung für die Einhaltung der Datenschutzvorgaben verbleibt stets beim Verantwortlichen im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO und Art. 3 KI-VO.

Was sind KI-Agenten?

KI-Agenten sind intelligente Programme, die eigenständig handeln. Anders als klassische Softwarelösungen, die festen Regeln folgen, bewerten autonome Agenten eine Situation, um den besten Lösungsweg zu ermitteln. Sie interpretieren Nutzeranweisungen, lernen aus Daten und treffen proaktive Entscheidungen. Sie können außerdem mehrteilige Aufgaben erledigen und Workflows anstoßen.

Für ihre Arbeit benötigen diese Systeme Informationen. Dafür erfassen sie ihre Umgebung über APIs oder physische Schnittstellen und analysieren Daten aus CRM- oder ERP-Systemen, um kontextbasierte Entscheidungen treffen zu können. Das macht sie zu wertvollen Effizienztreibern. Andererseits greifen KI-Agenten dafür auf zum Teil sensible Daten zu.

Was unterscheidet KI-Agenten von Chatbots?

KI-Chatbots wie ChatGPT, die auf großen Sprachmodellen (LLM) basieren, analysieren menschliche Eingaben und erzeugen anhand von Wahrscheinlichkeiten zusammenhängende Antworten in Textform. Ohne die Anbindung an andere Tools im Unternehmen bleibt ihre Funktion auf Erklärungen und Empfehlungen beschränkt, zu erklären.

KI-Agenten hingegen können bei entsprechender Systemintegration eigenständig Aktionen auslösen, Daten verarbeiten und Prozesse automatisieren.

Wie funktioniert ein KI-Agent?

  • Um den User unterstützen zu können, braucht der KI-Agent ein konkretes Ziel oder eine bestimmte Anweisung. Zum Beispiel: „Reduziere die durchschnittliche Bearbeitungszeit von Kundenanfragen im Support um 30 Prozent, ohne die Zufriedenheit zu verschlechtern.“
  • Anhand dieses Ziels plant der KI-Agent seine Aufgaben, unterteilt sie in Teilschritte und sammelt dafür die notwendigen Informationen. Diese können aus Chatverläufen mit Kunden, Kundenbefragungen, aus CRM-Tools oder aus dem Internet stammen.
  • Hat der KI-Agent ausreichend Daten gesammelt und analysiert, erledigt er seine Aufgaben. Dabei kann die Software menschliches Feedback einfordern und die eigene Vorgehensweise immer wieder anpassen, um den bestmöglichen Lösungsweg zu finden.

Welche Aufgaben können KI-Agenten übernehmen?

KI-Agenten erfüllen unterschiedliche Aufgaben:

  • In ChatGPT können Marketer CustomGPTs erstellen und mit ihrem CRM verbinden, um Kampagnenworkflows vom Brainstorming über die Ideenauswahl bis hin zur Konzeption und Content-Erstellung zu automatisieren.
  • In KI-Browsern übernehmen intelligente Agenten Recherchen, öffnen Websites, fassen Inhalte zusammen oder füllen Formulare aus.
  • Im Google Workspace Studio können alle Mitarbeiter eines Unternehmens ohne Programmierkenntnisse personalisierte KI-Agenten auf Basis von Gemini 3 selbst erstellen. Sie automatisieren tägliche Aufgaben wie das Abarbeiten von E-Mails. Dafür verbinden sich die KI-Agenten mit Google-Anwendungen wie Gmail oder Drive und erhalten damit umfassenden Zugriff auf Daten.

Diese Vorteile bieten KI-Agenten für KMU

Der größte Vorteil autonomer Agenten auf KI-Basis ist ihre Fähigkeit, Aufgaben in vielen Bereichen wie Marketing, Kundenservice, Produktion oder in der IT zu beschleunigen und Prozesse zu skalieren – ohne wegen Krankheit oder Überlastung auszufallen.

Automatisierte KI-Workflows steigern die Produktivität und sparen Kosten, was gerade für den Mittelstand relevant ist. Da KI-Agenten mit großen Datenmengen aus verschiedenen Quellen arbeiten, können sie Interaktionen mit Kundenpersonalisieren und die Servicequalität verbessern. Das kann sich positiv auf den Umsatz auswirken.

Welche Risiken bestehen beim Einsatz autonomer Agenten?

Der Einsatz von KI-Agenten ist besonders aus Sicht von Datenschutz und Informationssicherheit kritisch. Die smarten Helfer können Ihre Compliance an mehreren Stellen in Gefahr bringen:

  • Datenflüsse: Bei KI-Agenten, die dynamisch und systemübergreifend arbeiten, ist für Nutzer nicht eindeutig nachvollziehbar, wohin personenbezogene Daten genau fließen. Das erschwert die Einhaltung von Betroffenenrechten (Art. 12-15 DSGVO) und die Auskunft gegenüber Aufsichtsbehörden.
  • Automatisierung: Darf ein Agent eigenständig Kundendaten ändern oder Formulare ausfüllen und macht trifft dabei Fehlentscheidungen, kann das gegen interne oder externe Vorgaben verstoßen. Entstehen dadurch Schäden, stellt sich außerdem die Frage, wer dafür haftet.
  • Prompts: Angreifer können gezielt Formulierungen oder präparierte Inhalte nutzen, um den Agenten zu „überreden“, vertrauliche Informationen auszulesen oder weiterzugeben (Prompt Injection). Dadurch bieten Agenten ein zusätzliches Einfallstor für Hacker. Die Sicherheit der Verarbeitung (Art. 32 DSGVO) ist durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten.
  • Prompt-Speicherung: Für die Bedienung von KI-Agenten sind umfangreiche Prompts notwendig, die sensible Daten enthalten können. Werden diese Prompts geloggt, entsteht möglicherweise ein unkontrolliertes Datensilo, was der Speicherbegrenzung (Art. 5 Abs. 1 lit. e DSGVO) und Nachvollziehbarkeit (Art. 30 DSGVO) laut DSGVO entgegen stehen kann.
  • Nachvollziehbarkeit: Wenn nicht protokolliert wird, welcher Agent wann auf welche Daten zugreift und welche Aktionen er auslöst, und zudem unklar ist, wer fachlich verantwortlich ist, kann ein KMU nach einem Vorfall weder Ursachen noch Verantwortliche sauber benennen. Das ist problematisch für Forensik, Audits und Haftungsfragen. Die Protokollierung und Auditierbarkeit ist auch nach Art. 53 KI-VO für Hochrisiko-KI-Systeme verpflichtend.

Hinzu kommt eine zusätzliche Gefahr: Wenn Mitarbeiter mühelos ihre eigenen KI-Agenten erstellen können, ohne dass es dafür klare Richtlinien im Unternehmen gibt, entsteht schnell Schatten-KI. Fehlt Verantwortlichen die Übersicht über KI-Agenten im Unternehmen, können diese möglicherweise bei Compliance-Prüfungen oder Risikoanalysen nicht berücksichtigt werden.

Was müssen KMU beim Einsatz von KI-Agenten beachten?

Wer als KMU von den Vorteilen autonomer KI-Workflows profitieren möchte, sollte zunächst sicherstellen, dass technische und organisatorische Schutzmaßnahmen mitwachsen. Entscheidend ist, dass KI-Agenten nicht „einfach eingeschaltet“ werden, sondern in ein klares Sicherheits- und Governance-Konzept eingebettet sind.

Dazu gehören unter anderem folgende Maßnahmen:

  • Fein granulierte Rechte, Rollen und technische Begrenzungen: Es ist wichtig, dass KI-Workflows nur auf die Daten und Systeme zugreifen können, die sie für ihren klar definierten Zweck benötigen. Das Need-to-Know-Prinzip und Datenminimierung gilt auch für Maschinenidentitäten. Die regelmäßige Überprüfung und Löschung ungenutzter Agenten-Identitäten helfen, verwaiste Zugänge und unnötige Berechtigungen zu vermeiden.
  • KI-Governance und Awareness stärken: Unternehmen sollten verbindliche Richtlinien zur Nutzung von KI-Tools festlegen. Dazu gehört etwa, welche Daten in Prompts erlaubt sind, welche Systeme angebunden werden dürfen und wie Freigaben erfolgen. Schulungen helfen Mitarbeitenden zu verstehen, welche Risiken bestehen und wie Schatten-KI vermieden wird.
  • Prompts speichern, löschen und überwachen: Protokolle sind wichtig, um die Aktivitäten von Agenten nachvollziehen zu können, müssen aber so gestaltet sein, dass sie datenschutzkonform bleiben. Für sensible Anwendungsfälle sollte ein Mensch zwischengeschaltete Schritte prüfen („Human-in-the-Loop“), damit kritische Entscheidungen nicht vollständig automatisiert ablaufen.

Praxistipps für datenschutzkonforme Agenten

Speziell mit Blick auf den Datenschutz sollten Verantwortliche folgende Punkte beachten:

  • Datenschutz-Folgenabschätzungen (DSFA) nach Art. 35 DSGVO frühzeitig einplanen, sobald KI-Agenten voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten von Betroffenen darstellen. Für Hochrisiko-KI-Systeme ist zusätzlich ein Fundamental Rights Impact Assessment (FRIA) nach Art. 27 EU AI Act erforderlich.
  • Klare KI-Richtlinien und Rollen definieren und festlegen, wer Datenquellen freigibt, Use Cases genehmigt und technische und fachliche Verantwortung für einen Agenten übernimmt.
  • Schulungen zur KI-Kompetenz etablieren, damit Mitarbeitende Chancen und Risiken verstehen und Fehler wie das Einfügen sensibler Daten in Prompts vermeiden.
  • Datenminimierung und Zweckbindung konsequent auch bei KI-Agenten anwenden.
  • Alle Maßnahmen und Entscheidungen sind zu dokumentieren (Rechenschaftspflicht, Art. 5 Abs. 2 DSGVO).

Ausblick: Chancen nutzen, Risiken managen

KI-Agenten entwickeln sich ständig weiter. Der nächste Schritt laut Gartner sind Multi-Agent Systems (MAS) – verteilte KI-Agenten, die selbstständig zusammenarbeiten und die Automatisierung von Prozessen skalierbar machen. Gleichzeitig spielt KI-Governance eine immer größere Rolle: Prognosen von Forrester zufolge werden viele Unternehmen 2026 spezialisierte Funktionen für KI-Steuerung und -Aufsicht etablieren.

Für KMU bedeutet das: Wer früh pragmatische, EU-konforme und ROI-orientierte Strategien für KI-Agenten entwickelt, kann sich mit zuverlässigem Service und vertrauenswürdigem Umgang mit Daten positiv vom Wettbewerb abheben. Damit Sie dabei Datenschutzverstöße und Sicherheitslücken vermeiden, setzen Sie auf die Expertise von Proliance.

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Sabrina Schaub
Freie Redakteurin
Mit ihrer Content-Erfahrung unterstützt Sabrina das Team von Proliance dabei, komplexe Themen verständlich zu kommunizieren. Als freie Autorin kennt sie die Datenschutzbedürfnisse unterschiedlicher Branchen und übersetzt selbst anspruchsvolle Informationen in zielgruppengerechte Inhalte.
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Hischam El-Danasouri
Privacy Manager
Hischam El-Danasouri ist Privacy Manager bei Proliance und zertifizierter AI Governance Professional. Als Datenschutz- und KI-Experte unterstützt er Unternehmen bei der Umsetzung datenschutzkonformer KI-Strategien und der sicheren Nutzung moderner Technologien im Einklang mit der DSGVO.
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