IT-Risikoanalyse nach ISO 27001: Basis für ein starkes ISMS und wirksame Cyber-Abwehr

Letztes Update:
16
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09
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2025
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Mit einer ISO-Risikobewertung legen IT- und InfoSec-Verantwortliche den Grundstein für ein wirksames ISMS, das ihr Unternehmen vor Cyberangriffen und Datenverlusten schützt und bei der Erfüllung von DSGVO- und NIS2-Anforderungen unterstützt. In diesem praxisnahen Leitfaden erfahren Sie alles über die ISO-Risikoanalyse und welche Rolle Annex A und das SoA spielen.
IT-Risikoanalyse nach ISO 27001: Basis für ein starkes ISMS und wirksame Cyber-Abwehr
Die wichtigsten Erkenntnisse
  • Strukturierte IT-Risikoanalyse: ISO 27001 hilft, Bedrohungen für Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit systematisch zu erfassen und zu bewerten.
  • 5-Schritte-Ansatz: Kontext definieren, Risiken identifizieren, bewerten, behandeln und kontinuierlich überwachen – anschlussfähig an Annex A und SoA.
  • Risikobehandlung: Risiken vermeiden, reduzieren, akzeptieren oder übertragen – entlang klarer Risikoakzeptanzkriterien.
  • Praxis statt Theorie: Vorlagen, klare Verantwortlichkeiten und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit beschleunigen die Umsetzung.
  • Mehr Sicherheit und Compliance: Eine ISO 27001-Risikoanalyse schützt vor Cyberangriffen, senkt IT-Risiken und unterstützt bei der Einhaltung von DSGVO und NIS2.

Unternehmen, die ihren Kunden und Partnern klar signalisieren möchten, dass sie Informationssicherheit priorisieren, lassen sich nach der ISO 27001 zertifizieren. Die internationale Norm enthält alle Anforderungen an den Aufbau eines Informationssicherheitsmanagementsystems (ISMS), das Daten und Informationen innerhalb der Organisation schützt.  

Voraussetzung für eine ISO-27001-Zertifizierung: Unternehmen müssen ihre Risiken kennen und wissen, wie sie damit umgehen. Einer der ersten Schritte auf dem Weg zur ISO-Zertifizierung und zum Aufbau eines ISMS ist deshalb die Risikoanalyse nach ISO 27001.

Was ist eine ISO-27001-Risikoanalyse?

Die ISO-Risikobewertung ist ein strukturierter Prozess, mit dem Organisationen Risiken für die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit ihrer Informationen identifizieren, bewerten und behandeln. Sie ist Grundlage und Kernbestandteil eines ISMS.  

Ziel der Analyse ist es, Risiken auf ein akzeptables Niveau zu reduzieren und Maßnahmen nachvollziehbar zu begründen. Dabei unterscheidet die Norm klar zwischen zwei Aufgaben:

  • Risikobewertung (Assessment): Welche Bedrohungen existieren, wie wahrscheinlich sind sie, und welche Auswirkungen hätten sie? Ergebnis: priorisierte Risikoliste.
  • Risikobehandlung (Treatment): Welche Strategie wählen Sie je Risiko (vermeiden, vermindern, akzeptieren, übertragen) und welche Kontrollen setzen Sie um? Ergebnis: Maßnahmenplan und Statement of Applicability (SoA).

Praxisbeispiel für die ISO-Risikobewertung

Ein mittelständisches Unternehmen im Gesundheitswesen kann durch eine ISO-Risikoanalyse Schwachstellen in IT-Systemen und Cloud-Workloads erkennen, priorisieren und mit geeigneten Kontrollen adressieren. Damit ist es in der Lage, Datenschutzverletzungen vorzubeugen und Compliance-Anforderungen verlässlich zu erfüllen.

Was unterscheidet die ISO-Risikoanalyse und die Risikoanalyse nach BSI Standard 200-3?

Eine Risikoanalyse kann sich an der ISO/IEC 27001 oder am IT-Grundschutz des BSI orientieren. Die ISO 27001 bildet die Grundlage für ein international anerkanntes, zertifizierbares und robustes ISMS und enthält in Annex A eine Sammlung von Sicherheitsmaßnahmen. Ergänzend dazu beschreibt das SoA, welche dieser Maßnahmen für das jeweilige Unternehmen relevant sind und warum.  

Eine ISO-Zertifizierung ist besonders für international tätige Unternehmen sinnvoll, während der BSI-Standard 200-3 vor allem dann relevant ist, wenn Behörden oder Organisationen in Deutschland ein ISMS nach dem IT-Grundschutz-Kompendium aufbauen oder eine entsprechende BSI-Zertifizierung benötigen.  

Warum ist eine ISO-Risikobewertung wichtig?

Digitale Vernetzung, Cloud-Nutzung und Lieferkettenabhängigkeiten erhöhen das Risiko für Sicherheitsvorfälle. Eine ISO‑konforme Risikoanalyse stellt sicher, dass Ressourcen in die wirklich kritischen Risiken fließen. Kontrollen werden risikobasiert ausgewählt, im SoA begründet und im Audit prüfbar. So bringen Sie Informationssicherheit, Compliance und Wirtschaftlichkeit in Einklang.

5 Schritte zur Durchführung einer Risikoanalyse nach ISO 27001

Die Norm ISO/IEC 27001 gibt einen klaren Rahmen für die Risikoanalyse für Informationssicherheit vor. In der Praxis hat sich ein schlanker 5-Schritte-Ansatz bewährt.

Schritt 1: Kontext und Scope festlegen

Zu Beginn der IT-Risikoanalyse nach ISO 27001 steht die Kontextdefinition. Das bedeutet: Sie müssen interne und externe Faktoren betrachten, die Ihre Informationssicherheit beeinflussen könnten:

  • Beispiele für interne Faktoren: Unternehmensstruktur, vorhandene IT-Systeme, Umgang mit sensiblen Daten
  • Beispiele für externe Faktoren: regulatorische Anforderungen, branchenspezifische Bedrohungen

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Festlegung des Geltungsbereichs Ihres ISMS: Welche Systeme, Daten und Prozesse sollen durch die Analyse abgedeckt werden? Ein klar abgegrenzter Anwendungsbereich erleichtert die anschließende Analyse und stellt sicher, dass alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden. 

Beispiel für die Kontextdefinition: Ein Unternehmen entwickelt Softwarelösungen für die Finanzbranche und muss dabei strenge gesetzliche Anforderungen und Datenschutzvorgaben einhalten. Es ist auf die Zusammenarbeit mit externen Cloud-Anbietern angewiesen und steht im Wettbewerb mit anderen Softwareentwicklern. Die Strategie für ein wirksames Risikomanagement muss sowohl interne Ressourcen als auch externe Bedrohungen und Anforderungen berücksichtigen, um die Informationssicherheit zu gewährleisten.

Schritt 2: Risiken identifizieren

Haben Sie Ihren Kontext definiert, erfolgt als nächstes die systematische Identifikation potenzieller Risiken. Dafür ist es notwendig, Informationen über mögliche Bedrohungen und Schwachstellen zu sammeln, zum Beispiel mit Hilfe standardisierter Vorlagen. So stellen Sie sicher, keinen wichtigen Aspekt zu übersehen.

Typische Risiken sind beispielsweise

  • Datenverluste durch technische Defekte oder  
  • menschliche Fehler.  

Listen Sie alle potenziellen Bedrohungen auf und verknüpfen Sie diese mit betroffenen Systemen oder Prozessen, um sich einen Überblick über Ihre Risiken zu verschaffen. Die Risikoidentifikation setzt eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen voraus: IT-Teams sind in der Lage, technische Schwachstellen aufzudecken, während das Management über potenzielle organisatorische Risiken informiert ist.

Schritt 3: Risiken bewerten

Bewerten Sie je Risiko Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung – zunächst ohne Kontrollen und anschließend unter Berücksichtigung bestehender Kontrollen. Diese Trennung zeigt, wo Maßnahmen tatsächlich wirken und wo Lücken bleiben.  

Priorisieren Sie dabei Risiken mit hohem Einfluss auf kritische Prozesse oder mit regulatorischer Relevanz. Halten Sie Bewertungsbegründungen knapp, aber konkret. Das spart Diskussionen im Audit und beschleunigt die Umsetzung.

Schritt 4: Risiken behandeln

Nach der Risikobewertung folgt die Risikobehandlung. Jetzt müssen Sie Ihren theoretischen Überlegungen Taten folgen lassen. Auf Basis Ihrer Bewertung können Sie Strategien für Ihren Risikobehandlungsplan ableiten.  

Die ISO 27001 unterscheidet bei der Behandlung von Risiken vier grundlegende Ansätze:

  • Akzeptieren: Bei Risiken, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkungen als gering eingestuft werden, kann das Risiko bewusst in Kauf genommen werden.
  • Vermeiden: Das Risiko wird durch Änderungen an Prozessen oder Systemen eliminiert.
  • Übertragen: Risiken werden an externe Dienstleister oder Versicherungen abgegeben.  

Welche Sicherheitsmaßnahmen Ihr Unternehmen konkret ergreifen kann, um Risiken zu behandeln, entnehmen Sie Anhang A der ISO 27001. Dort finden Sie die ISO 27001 Controls, aus denen Sie passende Maßnahmen für Ihr Unternehmen auswählen können.

Schritt 5: Überwachen und verbessern

Nach der Umsetzung ist vor dem Review: Überprüfen Sie regelmäßig Wirksamkeit und Status Ihrer Maßnahmen. Interne und externe Audits, Security‑Monitoring sowie Lessons Learned aus Incidents sollten mindestens einmal im Jahr oder bei wesentlichen Änderungen in die Aktualisierung von Risikoanalyse, Maßnahmenplan und SoA einfließen. So bleibt Ihr ISMS aktuell.

Durch die kontinuierliche Verbesserung Ihres ISMS stellen Sie sicher, dass Ihre Informationssicherheit stets auf dem neuesten Stand bleibt und auch den wachsenden Cyber-Bedrohungen gewachsen ist.

Vorteile einer professionellen ISO 27001-Risikoanalyse

Eine fundierte Risikoanalyse verbessert Informationssicherheit und Auditfähigkeit und erhöht die Effizienz. Sie unterstützt bei der Erfüllung gesetzlicher Vorgaben wie die DSGVO oder die NIS2-Richtlinie der EU und stärkt das Vertrauen von Kunden und Partnern. Besonders in regulierten Branchen wie Gesundheits- und Finanzwesen, die viele personenbezogene Daten verarbeiten, ist eine ISO‑konforme Risikoanalyse unverzichtbar.

Darüber hinaus ermöglicht Ihnen das Reduzieren von IT-Risiken erhebliche Kosteneinsparungen: Die Kosten für Sicherheitsvorfälle lagen 2024 bei rund 1 Million Euro – und damit auf dem gleichen Niveau wie die durchschnittlichen jährlichen Investitionen in die Cybersicherheit. Wenn Unternehmen wissen, welche Risiken für sie relevant sind, können sie ihre Budgets in wirksame Maßnahmen statt in punktuelle Einzelmaßnahmen investieren.  

H2: Häufige Herausforderungen der ISO-Risikobewertung – und wie Sie sie lösen

Die Schritte auf dem Weg zu Ihrer ISMS-Risikoanalyse sind klar. Allerdings stellt das Vorgehen viele Unternehmen vor Herausforderungen. Für die drei häufigsten Hürden stellen wir Ihnen Tipps vor, damit Sie Ihre Risikoanalyse einfacher durchführen können.

  • Alle Risiken erfassen: In komplexen IT‑Landschaften ist Vollständigkeit anspruchsvoll. Nutzen Sie standardisierte Vorlagen, strukturierte Prozesse und zentrale Asset‑Inventare und binden Sie IT, Security, Compliance und Fachbereiche ein. So vermeiden Sie blinde Flecken.
  • Priorisierung vereinfachen: Eine der größten Herausforderungen bei der IT-Risikoanalyse nach ISO 27001 ist es, Risiken richtig zu bewerten und zu priorisieren. Das gilt vor allem für Unternehmen, die besonders vielen Gefahrenquellen ausgesetzt sind. Um den Überblick nicht zu verlieren, bewerten Sie Risiken konsistent und priorisieren Sie entlang kritischer Prozesse. Eine übersichtliche Risikomatrix hilft bei der Visualisierung.  
  • Maßnahmen wirksam umsetzen: Definieren Sie klare Verantwortlichkeiten, zerlegen Sie Maßnahmen in erreichbare Schritte und tracken Sie den Fortschritt transparent anhand von Key Performance Indicators (KPIs). Binden Sie das Management früh ein, um Ressourcen zu sichern. Je nach Reifegrad kann ein Informationssicherheitsbeauftragter die Koordination übernehmen.  

Risikomatrix: So behalten Sie alle Risiken im Blick

Eine Risikomatrix bietet Ihnen eine schlanke, übersichtliche Bewertungslogik und vereinfacht die Maßnahmenplanung. Sie erleichtert Reviews und spart Zeit im Audit.

Praxisbeispiel: Ein veraltetes IT-System für die Verarbeitung von Daten stellt für ein Softwareunternehmen eine kritische Schwachstelle dar. Die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs ist besonders hoch und die Auswirkungen auf die IT-Sicherheit wären gravierend, da sensible Kundendaten betroffen wären. In der Risikomatrix muss dieses Risiko entsprechend als prioritär eingestuft werden.

Risikoanalyse nach ISO 27001 – der Hebel für wirksame Informationssicherheit

Wenn Sie Informationen und IT‑Systeme nachhaltig schützen und Compliance zuverlässig nachweisen wollen, ist eine ISO‑konforme Risikoanalyse unverzichtbar. Sie schafft Transparenz, Priorität und einen klaren Prüfpfad über Annex A und SoA.

Für die Methodik zur Durchführung Ihrer ISO-Risikobewertung gibt es keine konkreten Vorgaben. Um die Analyse übersichtlich erstellen und sauber dokumentieren zu können, nutzen Sie am besten tabellarische Vorlagen wie die abgebildete Risikomatrix – oder das Know-how unserer Experten.

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Mit ihrer Content-Erfahrung unterstützt Sabrina das Team von Proliance dabei, komplexe Themen verständlich zu kommunizieren. Als freie Autorin kennt sie die Datenschutzbedürfnisse unterschiedlicher Branchen und übersetzt selbst anspruchsvolle Informationen in zielgruppengerechte Inhalte.
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Stefan Rühl
Information Security Lead
In seiner Funktion als Leiter des Bereiches InfoSec und als ISO27001 Lead Auditor unterstützt Stefan unsere Kunden bei der Implementierung- und Optimierung von ISMS Systemen. Sein spezieller Bereich ist der Aufbau von BCM-Umgebungen, Notfall- und Krisenstäben sowie die Erstellung und Verprobung von Notfallprozessen, sowohl bei KMUs als auch bei Konzernstrukturen. Darüber hinaus berät er Geschäftsführer und Vorstände bei der Entscheidungsfindung zur Cyberresilienz und der Optimierung von IT-Organisationen.
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